„Am liebsten nochmal 50 Jahre“

Musikdirektor Otto Groll leitet seit einem halben Jahrhundert die Chorgemeinschaft Dülmen

Dülmen: (Silvia Michl). „Wir haben begonnen „Der Rattenfänger“ einzustudieren. Natürlich war ich ein bisschen befangen“, erinnert sich Otto Groll an seine erste Probe mit der Chorgemeinschaft Dülmen, die damals noch MGV Germania Dülmen hieß. „Die Mitglieder des Chores waren schließlich alle gestandene Männer im Alter von 30 bis 70 Jahren. Mit trainierten und hervorragenden Stimmen. Das war schon beeindruckend“, berichtet er weiter. Der damals erst 23-Jährige übernahm auf Bitten von Josef Tüns, dem damaligen Vorsitzenden des Männergesangsvereins, die musikalische Leitung. Er habe damals überhaupt keine Erfahrung in der Leitung eines Erwachsenen-Chores gehabt, gesteht Otto Groll. „Aber wenn man jung ist, besitzt man ja eine gewisse Frechheit und ich habe einfach zugesagt“, meint er lachend. Er müsse seine Sache wohl einigermaßen gut gemacht haben, denn mittlerweile sei er seit 50 Jahren Chorleiter. „Dass ich solange behalten wurde, macht mich stolz“, freut sich Groll, der bei der heutigen Jahreshauptversammlung der Chorgemeinschaft geehrt wird. (Die Jubiläumsfeier der Chorgemeinschaft Dülmen für Otto Groll findet am 26. September 2009 im St. Barbara Haus in Dülmen statt.)

Unter seiner Leitung wurde die Chorgemeinschaft Dülmen fünfmaliger Meisterchor – ein großer Erfolg. „Es ist schon eine wichtige Anerkennung, wenn sechs hervorragende Fachleute in der Jury den Chor zum Meisterchor ernennen“, erklärt Otto Groll. Allerdings sei er nicht nur auf diese Titel stolz, sondern auch auf die Konzerte und Auftritte in aller Welt. So bereisten seine fünf Chöre unter anderem Amerika, China, Südafrika, Italien, Brasilien und Frankreich. „Ein Chor allein kann eine Auslandstournee nicht bestreiten. Deswegen wurden die Reisen in allen fünf Chören, die ich betreue, publik gemacht“, schildert der Chorleiter. Am liebsten trete er in den Vereinigten Staaten auf.

Gern erinnert er sich dabei an seine Reise im Jahr 1967. „Mit dem Dülmener und Bocholter Chor sind wir nach Washington, Philadelphia und New York gefahren. In der Convention Hall in Philadelphia fand ein Konzert vor 20.000 Menschen statt. Wir waren gerade einmal 30 Sänger. Der Chor, der neben uns auftrat, umfasste hingegen 2000. In der riesigen Halle, vor den vielen Menschen aufzutreten, war einzigartig“, erinnert sich Groll. Auch an den Auftritt der Chorgemeinschaft im Petersdom im Jahr 2002 denkt er gerne zurück. „Ein grandioses Erlebnis, als der Klang sich im Dom ausbreitete“.

Das Repertoire des Chores umfasst aber nicht nur geistliche Musik. „Ich möchte mich nicht auf eine Richtung festlegen“, erklärt Groll. „Ich entscheide danach, was die Stücke von der Qualität her taugen, ob sie den Sängern Spaß machen und beim Publikum ankommen Wichtig ist die Abwechslung.“ Auch populäre Stücke, wie „Ich war noch niemals in New York“ von Udo Jürgens oder „I will follow him“ aus dem Film „Sister Act“ gehören heute ins Programm seiner Konzerte. Im Moment arbeitet er am Arrangement eines Abba-Stückes für Chöre. Aufgeführt wird es beim Benefizkonzert zugunsten der  Bürgerstiftung am 26. April“, erklärt Groll. Des Weiteren stehe mit dem Chor für dieses Jahr ein Weihnachtskonzert auf dem Programm und eine Konzertreise in die Toskana.

„Nächstes Jahr geht es mit Sängern aus allen Chören nach Prag und 2011 nach Kalifornien“, berichtet Groll. „Wenn es nach mir ginge, würde ich die Chorgemeinschaft nochmal 50 Jahre leiten. Ich glaube aber, da setzt Gott mir Grenzen“, meint er schmunzelnd. Noch spüre er keine Defizite und fühle sich sehr wohl. „Ich glaube, die Musik und der Umgang mit Gleichgesinnten, sowohl musikalisch als auch gesellschaftlich, hält mich jung“, hofft Groll auf eine weiterhin erfolgreiche Zeit als Chorleiter.

Zur Person

Otto Groll wurde am 12. August 1935 in Dülmen geboren. Nach dem Abitur am Clemens-Brentano-Gymnasium (CBG) 1955 studierte er Musik und Mathematik in Münster. Ab 1957 belegte er an der staatlichen Hochschule für Musik in Köln im Hauptfach Klavier und studierte Philosophie, Mathematik und Pädagogik an der Universität Köln. Der ehemalige Lehrer des CBG leitet fünf Männerchöre. Am längsten, seit 1958 betreut er die Chorgemeinschaft Dülmen.

Dülmener Zeitung,  02. März 2009