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Jubiläumskonzert und Beendigung der Chorleitertätigkeit von Otto Groll

Am Sonntag, den 17. Oktober 2021 beendete Otto Groll mit einem grandiosen Konzert in der Liebfrauenkirche in Bocholt seine Chorleitertätigkeit beim Quartettverein Bocholt.

Beim anschließenden Empfang hat Hans Deing, Sänger seit 48 Jahren unter der Leitung von Otto Groll, eine Laudatio gehalten, die auf dieser Seite nachgelesen werden kann.


Der Quartettverein Bocholt feiert 2021 sein 100-jähriges Bestehen.

Laudatio Otto Groll

Verehrte Anwesende, lieber Otto,

wenn man über Dein Wirken im Chor berichten soll, kann man sozusagen nur lobende Worte finden.

Es ist eine einmalige Erfolgsgeschichte über jetzt 54 Jahre. Zwar habe ich selbst nur 48 Jahre davon miterlebt, kann aber vom Erzählen „dienstälterer“ Sänger die ersten 6-7 Jahre überblicken.

Wie eben schon erwähnt wurde und allgemein bekannt ist, begann es 1967, als eine ambitionierte Chorreise nach Amerika und Kanada anstand und der amtierende Dirigent -aus welchen Gründen auch immer- ausfiel. Da hast Du auf Bitten des damaligen Vorsitzenden Theo Ostendorf die vorläufige musikalische Leitung übernommen, den Chor in kürzester Zeit konzertfähig gemacht und ihn in Amerika mit Glanz und Gloria geleitet und vorgestellt. Ja, Du warst in deinen jungen Jahren schon so perfekt, cool und versiert, dass es beim Konzert vor einem großen Publikum keiner gespürt hat, als Dir die Noten vom Klavier fielen und ein Sänger sie Dir kopfüber wieder auf den Notenständer stellte.

Nach der Reise war klar, dass Du der gewünschte und ersehnte neue Dirigent sein solltest. Ein entsprechendes Angebot hast Du dann auch -Gott sei Dank- angenommen.

Zu Deinem 25 jährigen Dirigentenjubiläum hat der damalige Vorsitzende Reinhold Rötten in der Laudatio gesagt:

„Otto, Du bist ein Glücksfall für den Verein.“

Ich erinnere mich, dass ich Dir -als ich ein paar Jahre mal Schriftführer im Verein war- in einer Glückwunschkarte zum Geburtstag geschrieben habe:

Otto, auf Dich trifft zu, was der heilige Augustinus mal gesagt hat, nämlich:

„In Dir muss brennen, was Du in einem Anderen entzünden willst.“

Ja, in Dir brennt die Musik und der Chorgesang und du kannst beides in Deinen vielen Sängern entzünden.

Du hast es ja oft genug selbst gesagt, dass Musik Dein Leben ist. Als dir im Jahre 2014 in Herborn -nahe Idaoberstein- die Ehre zuteil wurde, Dich in das „Steinerne Gästebuch“ der Deutschen Edelsteinstraße eintragen zu dürfen, hast Du selbst auf Deinen Ehrenstein geschrieben: con passione, und damit ausgedrückt, dass Du mit Leidenschaft für die Musik lebst. So muss man Deine Arbeit mit dem Chor, ja mit Deinen 5 Chören, bewerten.

Seit Jahren schon bin ich persönlich einer Deiner vielen Fans. Wenn ich mich hier umschaue, sehe ich auch viele Fans. Ich will nicht behaupten, dass alle Deine Fans sind, aber Otto, um 100 % zu haben, muss man bekanntlich

„Martin Schulz“ heißen … oder aber „Heidi Groll“.

Deine Frau ist Dein größter Fan. Sie hat Dich in all den Jahren 100%ig, ja 200%ig unterstützt. Das hat Deine Kreativität beflügelt. Und so hast Du neben Deiner Chorarbeit hunderte Chorwerke entweder selbst komponiert oder aber für Chöre arrangiert. Wenn im Notenblatt steht „Im Satz von Otto Groll“, dann ist das fremde Chorwerk zu einem Aufsatz geworden, also mit Einleitung, Hauptteil und Schluss. Oft hast Du Deine Kompositionen und Arrangements mit uns Chören ausprobiert, entsprechend korrigiert und dann erst im Irisverlag verlegt. Deine Werke werden schon lange in Deutschland und in aller Welt mit Begeisterung gesungen. Dass das so ist, wirst Du nebenbei sicher schon früh an Deinem Bankkonto gemerkt haben.

Übrigens, wenn man bei Google das Wort „Balkanfeuer“ eingibt, erhält man sofort den Hinweis „Balkanfeuer Otto Groll“ Unter diesem Link ist ein 80 Stimmen starker japanischer Chor aufrufbar, der den 9-minütigen Zyklus „Balkanfeuer“ von Otto Groll mit Inbrunst und Begeisterung vorträgt.

Zu Beginn Deines Wirkens, Otto, hast Du immer mehr auch rhythmische Chormusik favorisiert. Das war offensichtlich den führenden Leuten im Chorverband gar nicht so recht. Aber bereits 1970 wurdest Du vom Verband Deutscher Chorverbände zum Chorleiter ADC ernannt. Im Jahre 1988 dann verlieh Dir der Fachverband Deutscher Berufschorleiter den Titel: Chordirektor FDB.

Eine solche Auszeichnung erfordert in der Regel eine Ausbildung an einer Musikhochschule und eine herausragende Konzerttätigkeit. Und im gleichen Jahr erhieltst Du das Bundesverdienstkreuz. Viele haben eine solche Auszeichnung verdient, viele jedoch auch nicht. Du aber hast mit Deiner Musik und Deinen Chören so vielen Menschen hier und auf vielen Reisen in aller Welt unsagbar viel Freude bereitet, so dass Du Dich wirklich um die Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht hast.

Lieber Otto, nun zu Deiner Chorarbeit:

Für mich war jede Probe in den 48 Jahren ein Ereignis, ein Erlebnis, eine Erbauung, Freude, Wohltat und Genugtuung. Meine Empfindungen werden sicher von fast allen Sängern geteilt. Jede Probe wurde immer abwechslungsreich gestaltet. Selbst wenn zu Meisterchorzeiten ein kompliziertes Stück mal über den ganzen Abend ausführlicher geprobt und geschliffen werden musste, hast Du zum Schluss noch ein melodisch harmonisches Lied zur Erbauung der Sänger aufgelegt, und wie sagt man?

Dann war die Wiese wieder grün!

Doch schnelle Auffassungsgabe hast Du schon erwartet. Du warst immer ein nach- und umsichtiger Einstudierer mit hoher Sach- und Fachkompetenz und hast den Chor zu einem homogenen Klangkörper geformt und ihn zu Höchstleistungen befähigt. Immerhin hat der Chor von den 10 errungenen Meistertiteln 7 durch Deine intensiven Vorbereitungen erworben.

Und wenn wir singen, hört man wirklich einen Chor und nicht 35/40 einzelne Sänger.

Dein Chorcredo lautet:

1. gemeinsam präzise einsetzen

2. Vokale hell färben

3. geschlossen, homogen singen

4. klare Aussprache und die Endkonsonanten deutlich aussprechen

5. (bei getragenen Stücken) Silben und Vokale aussingen und nicht gebrochen darbieten, dabei möglichst einen langen Atembogen spannen.

6. Atempausen möglichst unhörbar machen und schon gar nicht vor dem letzten Akkord noch mal Luft holen.

7. präzise aufeinander hören und sich so klanglich und lautstärkemäßig abstimmen.

8. vor allem dem Lied die vorgeschriebene Dynamik geben

Den Erfolg Deiner Arbeit, Otto, möchte ich hier gerne in zwei aus unseren Konzerten aufgezeichneten Liedern beispielhaft vorspielen. Hier kann man den Chor unter den genannten Bedingungen hören.

Zunächst ein getragenes Stück „Wo in der Stille Liebe wächst“

und jetzt etwas Spritziges mit dem Titel „Ilsebill“

Ich hoffe, dass Sie alle meine Aussage bestätigt gefunden haben. Mit unserer Mannschaft, Otto, hast Du unzählige Auftritte gehabt. Hier die Beispiele:

In jedem Jahr ein Herbst- oder Hauptkonzert.

Oft mussten wir die Konzerte 3 mal ansetzen, damit die große Nachfrage befriedigt werden konnte. Dabei hast Du die Programme meisterlich und abwechslungsreich gestaltet, das Publikum sozusagen im Laufe des Abends zum Höhepunkt geführt, hast namhafte und international bekannte Solistinnen und Solisten verpflichtet und nicht zuletzt auch besonders gesangbegabte Sänger aus den eigenen Reihen mit großem Erfolg eingesetzt -oft sogar in Duetten mit den Profis. Musikalisch begleitet haben uns dabei oft auch eigene Sänger, sei es mit Piano, Gitarre, Akkordeon oder Mundharmonika. Dazu hast Du eine Rhythmusgruppe ganz erfolgreich mit ins Boot geholt. Profibegleitung gab es natürlich auch, anfangs jahrelang durch eine junge, begabte Pianistin und danach nacheinander über Jahre durch 2 hervorragend ausgezeichnete Pianisten.

Das Publikum hat es Dir und uns allen sehr häufig „standing ovation“ gedankt, nachdem es sich meistens 4 Zugaben erklatscht hatte.

Otto, du weißt selbst; wir kennen durch Dich nur Erfolg, es gab nicht eine einzige Pleite.

In den Konzerten hast Du dem Publikum Musik quer durch die gesamte Chorliteratur dargeboten, von Klassik über Volksmusik, Kirchenmusik, Gospel bis hin zu Rock und Pop. Dabei kamen auch oft Deine Kompositionen und die von Dir so wundervoll arrangierten Chorwerke zur Aufführung.

Nicht nur diese Konzerte musstest Du vorbereiten sondern auch die, die der Verein bei seinen vielen Auslandsreisen in aller Welt gegeben hat.

Dann konnten unter Deiner Regie, wie eben schon erwähnt, 7 Meistertitel errungen werden.

Im Laufe der Jahre wurden mehrere varieteartige Frühlingsfeste vor Publikum aufgeführt, bei denen Du natürlich den musikalischen Part zu bewältigen hattest.

Zudem kamen im Laufe des Jahres viele andere Ereignisse vor, bei denen der Chor mit Ständchen oder mit einem Kurzprogramm gefragt war.

Nicht zu vergessen sind hier auch die Vorbereitungen und die Durchführung von 3 Schallplattenaufnahmen und 3 CD- Einspielungen und für Auftritte in Rundfunk und Fernsehen.

1975 hast Du aus Deinen damals 4 Chören (Bocholt, Buldern, Heiden und Dülmen) die „Chorgemeinschaft Groll“ gegründet und mit den über 200 Sängern große Konzerte u.a. in der Halle Münsterland und in der Philharmonie Essen mit weltbekannten Solisten wie: Ivan Rebroff, Rene Kollo oder Hermann Prey gegeben.

Alles in allem, Otto, hast Du Schwerstarbeit geleistet und das jahrzehntelang neben Deiner hauptberuflichen Tätigkeit als Oberstudienrat am Dülmener Gymnasium. Aber, wenn man etwas gerne und mit Leidenschaft tut, ist es eigentlich keine Arbeit, sondern Vergnügen.

Deine Leidenschaft ist auch deshalb glaubwürdig, weil Du neben uns noch 4 weitere Chöre geleitet hast und dass Du in all den Jahren kaum mal durch Krankheit oder sonstige Gründe gefehlt hast. Selbst als Du letztens wochenlang den rechten Arm krankheitsbedingt nicht einsetzen konntest, warst Du an Bord. Proben fielen höchstens mal während des Urlaubs aus oder wenn im Winter mal Glatteis war. Jeder Arbeitgeber würde sich einen so beflissenen Arbeitnehmer wünschen. Dabei musstest Du zu jeder Probe und sonstigem Ereignis von Dülmen nach Bocholt und zurück ca. 90-100 km zurücklegen. Ich habe mal überschlagen, wie viele km da zusammengekommen sind. Es sind allein zu den Proben ca. 250 000 km oder mehr als 6 Erdumrundungen.

Lieber Otto,

Du hast Dich von Anfang an mit allen Sängern und auch Sängerfrauen auf Augenhöhe und im vertraulichen „Du“ bewegt, hast jedem Sänger das Gefühl gegeben, dass er gleich wichtig ist und ihm Anerkennung spüren lassen. Du hast Dich praktisch als „Primus inter pares“ = als „Erster unter Gleichen“ verstanden. Es galt zwar Deine Devise: „Ihr bestimmt wann gesungen wird, und ich bestimme, was gesungen wird.

Durch Deine großen musikalischen, pädagogischen und diplomatischen Fähigkeiten und Deine souveräne Art, uns chorisch zu führen, haben wir Dir alle jederzeit hohen Respekt entgegengebracht, ja, wir haben Dich verehrt und tun es bis heute und darüber hinaus. Du bist uns allen sehr schnell ein bester Freund geworden, der sich Autorität nicht durch irgendwelche Eitelkeiten verschaffen musste, sondern sie durch sachlich fachliche Überzeugung einfach von selbst in sich trug und trägt.

Ich will nicht behaupten, dass es in den ganzen Jahren bei den vielen Meinungen und Ansichten im Verein in Einzelfällen nicht mal zu differenzierten Sichtweisen gekommen ist, aber zu mindestens 98 % hat die sogenannte „Chemie“ immer gestimmt. Und das will schon was heißen! Sonst wäre es ja auch nicht so eine Super-Erfolgsgeschichte geworden.

Ich habe möglicher Weise hier viel Wichtiges gar nicht erwähnt. Aber, was sagte ich anfangs zu 100 %? Na, sie wissen schon!

Lieber Otto, ich muss hier wiederholen:

„Du bist -und leider muss man schmerzlich heute ja sagen- Du warst ein Glücksfall für den Verein.“

Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes unsagbar dankbar. Man müsste alle Worte und Attribute des Dankens in der Superlativform aussprechen. Aber oft ist weniger ja mehr, und deshalb sage ich Dir und auch Deiner Heidi im Namen des gesamten Vorstandes, aller Sänger und Sängerfrauen und auch unserer passiven Mitglieder ein schlichtes
Dankeschön für Dein und Euer gesamtes Wirken und für die entstandenen engen Freundschaften und wünschen Euch für die Zukunft weiterhin Gesundheit und Lebensfreude.

Otto, Du wirst als genialer Chorleiter in das Geschichtsbuch des Vereins eingehen und uns allen unvergessen bleiben. Da Du seit Jahrzehnten schon unser Ehrenmitglied bist, wirst Du uns von daher schon verbunden bleiben.

Gäbe es in der Musik und im Chorgesang auch einen Orden „pour le merite“, und wir hätten die Befugnis, ihn zu vergeben, Du würdest ihn von uns erhalten. So hat der Vorstand sich etwas anders Ehrendes einfallen lassen, das der Vorsitzende Jaap Maats, Dir Otto, nun überreichen wird. Und wir werden Dir dazu das Ständchenlied singen, mit dem Du 1967 bei allen Auftritten in Amerika für große Begeisterung gesorgt hast. Es soll also Dein erstes und letztes Lied sein. Es hat sogar einen Bezug zu Deiner Verabschiedung mit dem Titel

„Morgen muss ich wandern, heut´ noch bin ich hier“

Besser noch bekannt unter „Tschumdera“.

Dazu möge sich der Chor nach der Ehrenübergabe bitte aufstellen.

Verehrte Anwesende, ich freue und bedanke mich, dass Sie mir gedanklich so gut gefolgt sind und mir so aufmerksam zugehört haben.

Herzlichen Dank

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