Berichte

Verabschiedung Chordirektor Otto Groll, 29.05.2022

(Robert Busch – Vorsitzender des MGV Concordia Heiden)

Liebe Anwesende,

liebe Mitglieder des MGV Concordia Heiden, sehr geehrter Herr Groll, ich möchte mit einem kleinen Gedicht beginnen:

Das Große Los – von Heinz Erhardt

Wie man’s auch dreht, wie man’s auch nimmt,
das Los ist uns vorausbestimmt.
Wir wissen nicht, was kommt, was geht,
wie man’s auch nimmt, wie man’s auch dreht.
Wie man’s auch dreht und nimmt und zieht,
wir wissen nicht, was uns noch blüht.
Das Große Los blüht uns nicht oft,
wie man’s auch dreht, nimmt zieht und hofft.

Sie, lieber Herr Groll, waren das große Los für den MGV Concordia Heiden, dem Sie unglaubliche 55 Jahre vorstanden. Sie waren aber auch ein großes Los für unsere Gemeinde Heiden. Denn Sie haben dafür gesorgt, dass der gute Name, der gute Klang unserer Gemeinde weit über die Grenzen Heidens getragen wurde.

Sogar über Ozeane und kontinentale Grenzen haben Sie ihre Sänger und damit unsere Heimatgemeinde bekannt gemacht. Dafür gebührt Ihnen tiefer Respekt – und der Dank unserer Kommune.

Lieber Herr Groll: Im Namen von Rat und Verwaltung – und auch ganz persönlich – darf ich Ihnen für Ihr Engagement von Herzen danken.

Doch warum ist es ausgerechnet Ihnen gelungen, einen Klangkörper zu formen, dessen Resonanzraum nie die Gemeindegrenze, sondern stets die weite Welt war? Wie konnte es gelingen, dass Otto Groll dieses Meisterstück gelungen ist?

Vermutlich gibt es viele – mehr oder weniger – plausible Antworten auf diese Frage. Wenn man mich fragt, gibt es indes nur einen richtigen Weg, um die korrekte Antwort zu finden: Und dieser Weg führt über Ihren Namen.

Und an dieser Stelle bin ich in der Planung dieser Rede auf den falschen Weg abgebogen. Da ist mir ein gravierender Fehler unterlaufen: Ich habe mir nämlich Ihren Nachnamen näher angeschaut.
„Groll“ ist ein lange anhaltender Zorn, eine heimliche, eingewurzelte Feindschaft oder verborgener Hass, zurückgestauter Unwille, der durch innere oder äußere Widerstände daran gehindert ist, sich nach außen zu entladen und Verbitterung hervorruft. Es gibt den heimlichen und den tiefen Groll, man kann einen Groll in sich aufsteigen fühlen oder einen Groll gegen jemanden hegen.

Je mehr ich mich mit dem Namen „Groll“ beschäftigt habe, desto klarer wurde: Sie haben den falschen Nachnamen!

Dabei musste ich u.a. denken an die Vorbereitungen für den ersten Caféhaus-Nachrnittaq, den der MGV Concordia und die Musikkapelle Heiden veranstaltet haben – und der seinerzeit ein sehr großer Erfolg wurde. Bei diesen Vorbereitungen habe ich Sie sehr umgänglich, konstruktiv und interessiert erlebt. Von Groll also keine Spur.

Jetzt saß ich zuhause, die Rede bis zu diesem Punkt getippt und habe mir folgende Frage gestellt: Wie komme ich aus dieser Nummer wieder raus? Gerade habe ich noch gesagt, dass der Erfolg, dass Ihr Erfolg im Namen begründet liegt – und dann komme ich damit um die Ecke, dass das alles gar nicht passt und stimmt.

Also habe ich tiefer gegraben: ,,Groll“ kommt vom mittelhochdeutschen „grel“: grell wie das Bühnenlicht.
Es wurde Ihnen also mit ihrem Nachnamen in die Wiege gelegt, dass Sie das Scheinwerferlicht suchen würden. So langsam kommen wir dem Rätsel ihres Erfolgs näher. Sie merken vermutlich, dass noch ein kleines „aber“ mitschwingt in diesen Überlegungen.

Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Die Antwort auf die Frage, weshalb Otto Groll den Namen des Chores und des Ortes in die Welt hinaustragen konnte, liegt nicht im Nachnamen. Sie ist im Vornamen zu finden.
Otto kommt vom althochdeutschen „ot“: der Besitz, der Reichtum, das Erbe. Damit können wir „Otto“ übersetzen mit „der Besitzer“, „der Reiche“, „der Erbe“. Ein im Mittelalter bei deutschen Königen, Herzogen und Grafen überaus beliebter Name.

„Der Besitzer“, „der Reiche“, „der Erbe“: Hier ist alles vereint, was Sie, lieber Otto Groll, und ihre Verdienste um die Chormusik auszeichnet: Sie besitzen die Gabe, Menschen zu begeistern und zu motivieren, ihr Bestes zu geben. Wer diese Gabe besitzt und nutzt, der ist in der Tat „der Reiche“. Sie sind darüber hinaus reich an Kreativität. Davon zeugt ihr umfangreiches Chorwerk und eindrucksvolles musikalisches Schaffen.

Sie haben die Chormusik und ihre Traditionen indes nicht allein verwaltet. Sie haben sie gestaltet, behutsam modernisiert und neuen Stilen zugänglich gemacht. Damit haben Sie sich als wahrer und verantwortungsbewusster „Erbe“ erwiesen.

Halten wir zum Schluss fest: Ihr „grell“ strahlender Nachname in Kombination mit dem reichen, besitzenden, erbenden „Otto“ hat ihren Weg quasi vorherbestimmt. Das konnte nur ein Erfolg werden.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine kurze Anmerkung mit Blick auf Ihren Nachfolger. Wer als Namensgeber den Erzengel Michael auf seiner Seite weiß, dem wird vor der Zukunft nicht bange sein.

Sie, lieber Michael Hartei, starten unter schwierigen Bedingungen: Die Corona-Pandemie hat dem gesamten Vereinsleben – von Kultur bis Sport – zugesetzt. Wenn es Dinge gibt, die wir als politische Gemeinde tun können, um diesen Start zu erleichtern, dann sollten wir uns austauschen!

Ich freue mich, dass der MGV Concordia sie aus der „Lostrommel“, um noch einmal das Gedicht von Heinz Erhardt aufzugreifen, gezogen hat. Für Ihre Tätigkeit wünsche ich Ihnen schon jetzt alles Gute, viel Erfolg und Freude!

Wohin führt der Weg nun Otto Groll? Das weiß ich natürlich nicht. Eins weiß ich aber: Für Sie in Verbindung mit unserer Gemeinde Heiden gilt die Liedzeile: „Morgen muss ich wandern, heut‘ noch bin ich hier.“ Will sagen: Auch wenn wir Sie nicht mehr regelmäßig vor dem Chor sehen, so hallt ihr musikalisches Wirken in Heiden nach. Herzlichen Dank und Ihnen und Ihrer lieben Frau Heidi für die Zukunft alles erdenklich Gute!

Als kleines Geschenk habe ich Ihnen einen guten Tropfen und zwei Gläser, auf denen unser Wappen graviert ist, mitgebracht. Lassen Sie die Gläser klingen und horchen Sie dem Klang nach – und wenn Sie dabei an uns Heidener denken, dann war es ein gutes Geschenk.

Heiden, 29. Mai 2022

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