Berichte

Erinnerungen, niedergeschrieben und vorgetragen von Helmut Reygers am 17. Oktober 2021 zum Abschied von Otto Groll nach 54 Jahren als Chorleiter des Quartettvereins

Sehr verehrte Gäste,

ich bin seit 1957 im Quartettverein und gehöre damit – genau wie Karl Tenbensel – zu den zeitlich längsten aktiven Sängern im Chor. Ich möchte Ihnen jetzt die Musikgeschichte des Quartettvereins etwas näherbringen. Keine Sorge, ich werde Sie nicht mit Jahreszahlen überhäufen. Sie brauchen auch nicht mitschneiden. Sie können alles ganz in Ruhe in der Sonderbeilage nachlesen.

Lassen Sie uns starten!

Vor 100 Jahren – um genau zu sein, am 31. August 1921, trafen sich acht Bocholter Herren in der Gaststätte Matschke und gründeten das „Doppelquartett Loreley Bocholt“. Sie probten und probten für ihren ersten öffentlichen Auftritt. 1922 war es dann so weit und sie wurden jubelnd gefeiert. Mit drei Gründern, Franz Rave, Franz Tenbrock und Heinrich Wiening haben Karl Tenbensel und ich noch einige Jahre gesungen.

Der Chorname unterlag danach zwei Namensänderungen. Zunächst wurde er in „Doppelquartett Bocholt“ geändert. Es kamen immer mehr Sänger hinzu, sodass der Chor später in „Quartettverein Bocholt“ umbenannt wurde. Sieben Jahre nach der Gründung wurde der Chor ins Vereinsregister eingetragen. Seit 1928 tragen wir voller Stolz den Namen „Quartettverein Bocholt e. V.“.

Der Chor wuchs in den Folgejahren auf 25 aktive Sänger an. 1929 fand dann das Konzert mit dem namhaften Künstler Wilhelm Strienz statt. Mit seiner wunderbaren Bassstimme begeisterte er das Publikum. Mit großem Erfolg wurde die Reihe der jährlichen Konzerte fortgesetzt bis zum Beginn des “Zweiten Weltkriegs“. In den Kriegsjahren stagnierte die musikalische Entwicklung des Quartettvereins. Mit der totalen Zerstörung der Stadt Bocholt am 22. März 1945 wurde das Notenmaterial des Vereins komplett vernichtet.

Das erste Nachkriegskonzert fand zwei Jahre nach dem Krieg unter dem Dirigenten Theo Koppers statt. Der bekannte Bassist Prof. Ewald Kaldeweier wurde verpflichtet. Kaldeweier wurde von unserem Sänger und Pianisten Quoos begleitet.

1956 fand ein Konzert mit dem bekannten Tenor Rudolf Schock statt. Die Karten für dieses Konzert waren in wenigen Stunden vergriffen, obwohl der Eintrittspreis von 6,00 DM auf 30,00 DM erhöht werden musste, um es zu finanzieren. Karl Tenbensel und ich waren von diesem Konzert so begeistert, dass wir uns entschlossen, dem Quartettverein beizutreten. Unser Dirigent war damals Theo Koppers. Ich erinnere mich noch genau, wie er 1 1/2 Jahre lang mit dem Fahrrad bei „Wind und Wetter“ von Rees nach Bocholt fuhr und nachts wieder zurückradelte.

In unserer Vereinsgeschichte hat Herbert Quoos einige unserer großartigen Solisten am Klavier begleitet. Nur um drei der Solisten zu nennen: Unseren begeisternden Schubert-Sänger Albert van Ykelen, Ernst Geuting, der eine Qualität für die Opernbühne hatte und Heinrich Tenhiersen, der sein Hobby auch zum Beruf hätte machen können.

Herbert Quoos ging 1966 in den Ruhestand und wurde passives Chormitglied. Werner Holtkamp übernahm die Konzertbegleitung. Nach einiger Zeit übernahm seine Tochter Stefanie Holtkamp mit ihren 23 Jahren die Aufgabe ihres Vaters. So begleitete sie die Solisten und den Chor bei acht großen Konzerten während unserer dreiwöchigen Konzertreise in Brasilien.

Neben dieser Reise fanden noch weitere Konzertreisen in Ländern wie Kanada, Monaco, Südafrika, Nigeria und zweimal im Westen der USA (Kalifornien mit Abstechern nach Arizona und Nevada) statt. Diese Reisen waren ja nicht nur Konzertreisen, sondern auch unvergleichlich erlebnisreiche „Traumreisen“, die wir zusammen mit unseren Frauen erleben durften.

Die erste Konzertreise fand 1967 an die Ostküste der USA statt. Der bis dahin amtierende Chorleiter Martin Klöcker sagte die Reise aus privaten Gründen kurzfristig ab. Otto Groll, der eigentlich nur die Solisten und den Chor auf dem Klavier begleiten sollte, übernahm daraufhin die Leitung des Chores und Werner Holtkamp an dessen Stelle die Klavierbegleitung. Nach dieser Reise wurde Otto Groll gefragt, ob er sich vorstellen könnte, den Quartettverein zu übernehmen. Er sagte sofort zu. Für den Quartettverein war diese Zusage ein absoluter Glücksfall, denn unter seiner Leitung ging die Erfolgskurve steil nach oben.

Die Konzerte des Quartettvereins wurden von vielen tollen Solisten und Chören begleitet. Besonders nennenswert sind die bekannte Sopranistin Edith Pilz vom Stadttheater Duisburg, der weltbekannte „Sixtinische Chor“ aus Rom, der lyrische Tenor Prof. Walter Ludwig, der weltbekannte Bass-Bariton Kenneth Spencer, aber auch der Kammersänger und langjähriger Solist der Bayreuther Festspiele von der Staatsoper München, Fritz Uhl.

Wir sind besonders stolz darauf, dass unser Chor immer in der Lage war, mit eigenen Solisten und Instrumentalisten wie Herbert Quoos und Werner Holtkamp am Klavier, Hans Deing am Akkordeon und Josef Böing mit seiner Mundharmonika anspruchsvolle Konzerte zu liefern.

Manche von uns waren und sind so talentiert, dass sie richtig groß rausgekommen sind. Unser Sänger Martin Finke stach unter allen heraus. Nach einem Vorsingen bei der Folkwang- Musikhochschule in Essen wurde ihm eine Ausbildung zum Opernsänger angeboten. Er nahm das Angebot gerne an und sang über 25 Jahre am Opernhaus Köln. Danach setzte er seine Opernkarriere als Sänger an verschiedenen Stellen fort.

Der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte war und ist die Erringung des Titels „Meisterchor NRW“ und das zehnmal in Folge; zweimal unter dem Dirigenten Theo Koppers, einmal unter Martin Klöcker und sage und schreibe siebenmal mit dem heutigen Dirigenten Otto Groll.

Ich bin sehr dankbar, im Quartettverein mitsingen zu dürfen – die vielen Konzerte, die vielen Menschen und die vielen Reisen haben mein Leben geprägt.

Liebe Gäste, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen schönen, unterhaltsamen Abend.

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